Wofür wir Kirchensteuer zahlen

Ob Gottesdienste, Religionsunterricht, die Begleitung alter Menschen oder die Arbeit in Kindertagesstätten: Die evangelische Kirche übernimmt mit ihren Einrichtungen und Angeboten zahlreiche religiöse, gesellschaftliche und diakonische Aufgaben. Möglich wird dieses breite Engagement vor allem durch ein bewährtes Finanzierungsmodell – die Kirchensteuer.

Mit mehr als 80 Prozent ist sie die wichtigste Einnahmequelle der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers. Aus ihr finanziert sich ein großer Teil der kirchlichen Arbeit in den rund 1.240 Gemeinden zwischen Nordsee, Heide und Harz.

„Kirchensteuer sichert das Engagement der Menschen in kirchlichen Einrichtungen, in Gemeinden, Kindergärten und Schulen, in Chören, Kultureinrichtungen, Beratungsstellen“, sagt Regionalbischöfin Marianne Gorka. „Immer geht es darum, Menschen auf ihrem Lebensweg zu begleiten, zu helfen, ihnen Orientierung und Hilfe zu bieten. Dass die Kirchen sich so einbringen, unterstützt die Gesellschaft und die Politik in vielen Bereichen.“

Was ist die Kirchensteuer?

Die Kirchensteuer ist der Beitrag derjenigen, die sich durch ihre Kirchenmitgliedschaft auch finanziell zu ihrer Kirche bekennen. Ihre Höhe richtet sich solidarisch nach dem Einkommen: Wer weniger verdient, zahlt auch weniger. In Niedersachsen beträgt der Kirchensteuersatz neun Prozent der Einkommensteuer – das entspricht etwa 36 Euro monatlich bei einem Bruttoeinkommen von 3.000 Euro (für alleinstehende Personen ohne Kinder).

Schüler:innen, Studierende, Arbeitslose und Rentner:innen sind in der Regel nicht kirchensteuerpflichtig. In besonderen Fällen – etwa bei Abfindungen – kann auf Antrag eine teilweise Befreiung erfolgen.

„Die Kirchensteuer ist für uns grundlegend. Sie finanziert all das, was nicht durch Gebühren oder staatliche Refinanzierung gedeckt ist: Angebote für Kinder und Jugendliche, Unterstützungsangebote für Bedürftige, Seelsorge, Hospizdienste, die Erhaltung von historisch bedeutsamen Kirchengebäuden und vieles mehr.“

Fabian Spier, Leiter der Finanzabteilung im Landeskirchenamt

Wie wird das Geld verwendet?

Von jedem Euro, der über die Kirchensteuer eingenommen wird, bleiben etwa 69 Cent direkt in den Kirchenkreisen und Gemeinden. Damit werden die Gehälter von Pastor:innen, Diakon:innen, Kirchenmusiker:innen und weiteren Mitarbeitenden bezahlt – ebenso wie die Pflege und Instandhaltung kirchlicher Gebäude. Auch zentrale digitale Infrastruktur, Versicherungen oder Beratungsangebote werden aus Kirchensteuermitteln getragen.

Ein nicht zu unterschätzender Teil fließt zudem in soziale Projekte: Besuchsdienste, Jugendgruppen, Seniorenkreise, Familienhilfe oder auch die Seelsorge in Gefängnissen. Die Kirchensteuer schafft damit die Grundlage für ein Netzwerk haupt- und ehrenamtlich Engagierter, die vor Ort Kirche lebendig gestalten.

Fabian Spier, Leiter der Finanzabteilung im Landeskirchenamt, führt aus: „Die Kirchensteuer ist für uns grundlegend. Wir verfügen als Landeskirche über keine Rücklagen oder andere Vermögenswerte, aus denen wir die Dinge bezahlen könnten, die jetzt aus den Kirchensteuereinnahmen finanziert werden. Also all das, was nicht durch Gebühren oder staatliche Refinanzierung gedeckt ist: Angebote für Kinder und Jugendliche, Unterstützungsangebote für Bedürftige, Seelsorge, Hospizdienste, die Erhaltung von historisch bedeutsamen Kirchengebäuden und vieles mehr.“

Ohne das Kirchensteuerprinzip sei die Landeskirche nicht annähernd so breit und flächendeckend aufgestellt, wie sie es heute ist. „Klar ist, dass wir wegen der zurückgehenden Einnahmen nicht alles fortführen können. Aber die Kirchensteuer ermöglicht uns, dass wir in Zukunft überhaupt im Sozial- oder Bildungsbereich als Kirche aktiv bleiben können“, so Spier weiter.

Warum Kirche zählen darf – und zählt

Die Kirche lebt nicht nur von Zahlen, sondern von Haltung. Die Botschaft des Evangeliums gibt Orientierung in einer Zeit, in der viele nach Sinn und Halt suchen. Diese geistliche Grundlage wird durch die Kirchensteuer mitgetragen.

„Die Werte, die wir aus den großen biblischen Erzählungen haben, vermitteln uns ein Bild davon, wie friedliches Zusammenleben möglich ist. Sie geben Hoffnung und stärken das Vertrauen in die Zukunft auch in schwierigen Zeiten“, so Marianne Gorka.

Die Regionalbischöfin weist zudem die Bedeutung des kirchlichen Beitrags zur gesamtgesellschaftlichen Entwicklung hin: „Glaube und Spiritualität sind eine Hilfe für das persönliche Leben und für eine ganze Gesellschaft. Schon allein darum sollte die Politik ein Interesse daran behalten, dass die Kirchen sich einbringen. Dazu gehört, dass sie, dem biblischen Zeugnis und Auftrag entsprechend, die gute Botschaft von Gottes Liebe für die Welt verbreiten, sich für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung einsetzen – und konkrete Impulse dazu geben, wie z.B. Klimaschutz durch Tempolimit.“

Kirchensteuer ist mehr als ein finanzieller Beitrag – sie ist Ausdruck gelebter Solidarität. Sie schafft Raum für Seelsorge, Bildung, Kultur und gesellschaftliches Engagement. Wer Kirchensteuer zahlt, trägt dazu bei, dass Kirche für Menschen da sein kann – in der Taufe, bei der Konfirmation, in der Krise, am Lebensende. Tag für Tag.

Mehr Informationen bietet die Website www.kirchensteuer-wirkt.de.

www.kirchensteuer-wirkt.de

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Oberlandeskirchenrat Fabian Spier ist Leiter der Finanzabteilung im Landeskirchenamt.

Laut einer aktuellen Umfrage des Norddeutschen Rundfunks (NDR) denkt mehr als jedes vierte Kirchenmitglied über einen Austritt nach – mehr als die Hälfte davon unter anderem wegen der Kirchensteuer. Fabian Spier, Finanzchef der hannoverschen Landeskirche, räumt ein, die Kirche müsse besser erklären, wozu sie ihr Geld verwendet. 

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