Nie werde ich diesen Freitag vergessen. Eine Studienreise in Jerusalem. Wir folgen den Spuren Jesu, treffen Botschafter, die uns mit der politischen Dimension der Stadt vertraut machen, und erleben die jüdische Kultur hautnah in verschiedenen Familien.
Dann dieser Freitag. Wir fahren auf den Ölberg gegenüber der Altstadt. Von der Erlöserkirche am Gipfel des Berges gehen wir herunter, vorbei an der Himmelfahrtsmoschee, der „Vater-unser-Kirche“, dem großen jüdischen Friedhof und der Grabstätte Marias. Aussichtspunkte geben einen faszinierenden Blick auf die Altstadt frei mit der goldenen Kuppel des Felsendoms und der herausragenden Al Aqsa-Moschee. Von dort herüber tönt auf einmal der Ruf des Muezzins zum Freitagsgebet der Muslime.
Zugleich eilen mehr und mehr Juden, sich für die Sabbatfeier am Abend zu rüsten, während wir als Christen dort ehrfürchtig die markanten Stationen von Jesu Passionsweg erkunden. Die drei großen Weltreligionen friedlich nebeneinander.
Warum kann es nicht immer so sein, habe ich mich gefragt. Ich vergaß dabei die Soldaten, die überall in der Stadt patrouillieren, um für Sicherheit zu sorgen. Der Friede ist zerbrechlich.
Es heißt, Jesus habe bei seinem Blick vom Ölberg auf die Altstadt geweint über Jerusalem und geklagt: „Wenn doch auch du erkenntest, was zum Frieden dient!“. Heute steht an seiner Stelle eine Kirche, die daher ihren Namen hat: „Dominus flevit“, „Der Herr weinte“.
Es bleibt zum Weinen, wenn wir es nicht hinbekommen, gemeinsam als Juden, Christen, Muslime, Gläubige oder Nicht-Gläubige in Frieden miteinander zu leben. Wenn es Einsatzkräfte braucht, die für die Sicherheit von Gläubigen sorgen müssen. Wie traurig. Dabei eint uns mehr, als uns trennt. Das wollen wir bedenken und dafür beten am Volkstrauertag wie an allen Novemberfeier- und Gedenktagen, dass wir alle erkennen, was dem Frieden dient!